Morbus Hirschsprung:
Schritt für Schritt die wichtigsten Informationen im Überblick

Morbus Hirschsprung

Schritt für Schritt – Die wichtigsten Informationen im Überblick

Diese Seite gibt einen Überblick über die wichtigsten Stationen – von den ersten Symptomen über die Diagnose, Operation und Nachsorge bis ins Erwachsenenalter.

Morbus Hirschsprung - Icons Symptome, Diagnose, Operation, Nachsorge, Schuleintritt, Jugend, Erwachsene

Morbus Hirschsprung ist eine angeborene, seltene Fehlbildung des Darms.

Wird ein Baby mit Morbus Hirschsprung geboren, fehlen vom Darmausgang (Anus) aufwärts die sogenannten „Ganglienzellen“. Diese Nervenzellen sind notwendig, um den Stuhl (Kot) im Darm weiterzutransportieren.

Ein Fehlen dieser Nervenzellen führt zu Verstopfung bis hin zum Darmverschluss und benötigt kinderchirurgische Behandlung.

Die Ausprägung und der Behandlungsverlauf von Morbus Hirschsprung können individuell sehr verschieden sein.

Morbus Hirschsprung - Erscheingunsformen: Aganglionose im Rektum, Aganglionose im Rektosigmoid, Aganglionose bis zulinken Flexur, Aganglionose bis zur rechten Flexur, Totale Colonaganglionose (Zuelzer-Wilson-Syndrom)
SoMA-Schautafeln: Erscheinungsformen des Morbus Hirschsprung

Morbus Hirschsprung zählt zu den seltenen Erkrankungen

Etwa 1 von 4000-5000 Kindern wird mit Morbus Hirschsprung geboren. Morbus Hirschsprung ist damit eine seltene Fehlbildung, die nur von spezialisierten und erfahrenen Fachleuten behandelt werden sollte.

Die operative Behandlung ist anspruchsvoll und gehört nicht zum allgemeinen Können eines Kinderchirurgen. Auch die Beurteilung der Gewebeproben durch die Pathologie (Biopsien) erfordert bei Morbus Hirschsprung Fachwissen und Erfahrung.

Ausschlaggebend für die spätere Darmfunktion sind:

  • Eine korrekte Diagnose bezüglich der Ausdehnung des aganglionären (nicht ausreichend mit Nerven versorgten) Darmabschnitts
  • Die fachgerechte Durchführung der komplexen Korrektur-Operation
  • Es geht letztlich um die spätere Lebensqualität Ihres Kindes: Bei Unsicherheit oder Unklarheiten sollten Sie sich deshalb eine Zweitmeinung einholen. (Mehr Infos: Checkliste „Zweitmeinung“)
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Symptome

Welche Symtome treten bei Morbus Hirschsprung auf?

Zu den häufigsten Symptomen bei Morbus Hirschsprung zählen:

  • Kein Abgang von Mekonium (= Kindspech, erster Stuhl) oder verzögerter Abgang (später als 24-48h nach der Geburt)
  • Verstopfung
  • Erbrechen
  • Aufgeblähter Bauch
  • u.U. „explosionsartige“ Entleerung von Stuhl und Luft
  • Probleme mit Nahrungsaufnahme
  • Enterocolitis (schwere Darmentzündung, die lebensbedrohlich sein kann und sofortige medizinische Behandlung erfordert)
  • schlechtes Gedeihen


Bei manchen Kinder entwickeln sich Symptome erst mit der Zeit, z.B. bei Umstellung von Muttermilch auf feste Nahrung.

Das wird gemacht:

  • Ultraschall
  • Darmspülungen helfen, den Darm ausreichend zu entleeren. (Vorsicht: Diese dürfen nur nach Rücksprache mit Hirschsprung-spezialisierten Kinderchirurg*innen durchgeführt werden!)
  • Gelingt es nicht, den Darm durch Darmspülungen zu entlasten, muss unter Umständen vorübergehend ein Stoma angelegt werden (künstlicher Darmausgang).

Das sind die Ziele:

  • Die Diagnose „Morbus Hirschsprung“ wird in Erwägung gezogen.
  • Der Darm wird entlastet und der Gesundheitszustand des Kindes stabilisiert sich.

Das brauchen Eltern jetzt:

  • Gute Kommunikation mit den Behandlern
  • Ggf. psychologische Unterstützung
  • Beratung hinsichtlich weiterer Hilfen

Checkliste „Symptome“

Die Checkliste „Symptome“ hilft Eltern herauszufinden, ob ihr Kind von Morbus Hirschsprung betroffen sein könnte.
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Diagnose

Wie wird Morbus Hirschsprung diagnostiziert?

Ausschließlich Darm-Biopsien (Entnahme von Gewebeproben aus dem Darm und deren Untersuchung im Labor) bestätigen die Verdachtsdiagnose „Morbus Hirschsprung“.

Das wird gemacht:

  • Die Biopsien werden durch Kinderchirurgen in mehreren Stufen oberhalb des Anal-Kanals entnommen.
  • Es gibt verschiedene Methoden der Biopsie-Entnahme: Dies liegt im Ermessen der behandelnden Klinik.


Die Eltern lernen, ihr Kind in der Zwischenzeit bis zur OP zu versorgen.
Möglicherweise benötigt es:

  • Medikamente
  • Darmspülungen
  • Versorgung des künstlichen Darmausgangs (Stoma)

Das sind die Ziele:

  • Rechtzeitige Diagnosestellung
  • Gute Versorgung des Kindes bis zur Operation

Das brauchen Eltern jetzt:

  • Ggf. Unterstützung durch spezialisierte Pflege bzw. Stomatherapeuten

Checkliste „Diagnose“

Die Checkliste „Diagnose“ soll Eltern helfen, die richtigen Fragen zu stellen und so Klarheit über die Diagnose ihres Kindes zu erhalten.
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Operation

Wie wird Morbus Hirschsprung behandelt?

Morbus Hirschsprung erfordert immer eine kinderchirurgische Behandlung. Die Operation, bei der der fehlgebildete Teil des Darms entfernt wird, findet in der Regel 2-3 Monate nach Diagnosestellung statt. Das Kind sollte sich zum Zeitpunkt der Operation in gutem Allgemeinzustand befinden, ohne Zeichen einer Entzündung im Darm (Enterocolitis).

Das wird gemacht:

Vor der Korrektur-OP: Mögliche Mittel zur Bestimmung der Länge des betroffenen Darmstücks:

  • Kontrastmitteleinlauf/Röntgen
  • An mehreren Stellen laparoskopisch entnommene Biopsien („colonic mapping“), insbesondere bei Verdacht auf langstreckigen Morbus Hirschsprung.


Während der Korrektur-OP:

  • „Schnellschnitt-Biopsien“ zur Überprüfung des verbleibenden Darms auf gesunde Nervenzellen
  • Einhaltung des Mindestabstands von 5 mm zur „Linea dentata“ (Vgl. Schautafel „Analkanal“)
  • Stoma: Sofern das Kind einen künstlichen Darmausgang hat, kann dieser entweder in der gleichen OP oder in einer späteren OP rückgängig gemacht werden.

Das sind die Ziele

  • Korrekte Bestimmung und Entfernung des nicht gesunden Darmsegments
  • Erhaltung des Analkanals
  • Schonung der Schließmuskulatur

Das brauchen Eltern jetzt

  • Informationen zur Durchführung der OP
  • Aufklärung über mögliche Risiken und zu erwartende Schwierigkeiten direkt nach der Operation
  • Infos zu pflegerischen Hilfestellungen postoperativ
  • Regelmäßige Nachsorge in der Klinik
  • Psychologische Unterstützung
  • In Deutschland: Evtl. Beantragung von Pflegegrad und Grad der Behinderung/Schwerbehindertenausweis
  • In Österreich: Evtl. Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe oder Pflegegeld. In bestimmen Fällen kann es auch sinnvoll sein, für die Phase der OP und die Zeit danach eine Familienhospizkarenz zu beantragen. Alle Infos zu sozialen Unterstützungsmöglichkeiten in Österreich unter: https://soma-austria.at/unterstuetzung-fuer-betroffene/

Checkliste „Operation“

Die Checkliste „Operation“ hilft Eltern bei der Einschätzung, ob ihr Kind für die Operation und auch für die Zeit danach in den richtigen Händen ist.

Checkliste „Zweitmeinung“

Patienten haben ein Recht auf eine zweite Meinung. Um Sicherheit über die Wahl der Klinik zu gewinnen, kann diese Checkliste hilfreich sein.

Die Operation ist entscheidend für die spätere Lebensqualität!

Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Zurückhaltung. Eltern sollten absolut sicher sein, dass ihr Kind von einem Experten/einer Expertin operiert wird, der/die wirklich viel Erfahrung in der Behandlung und auch in der Nachsorge von Morbus Hirschsprung hat. Im Zweifelsfall, kontaktieren Sie uns!
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Nachsorge und konservative Therapiemöglichkeiten

Was passiert nach der Operation?

Es gibt Kinder, die postoperativ keine Probleme haben. Da es sich jedoch um eine seltene, komplexe Fehlbildung handelt, ist es dringend erforderlich, dass allen Menschen mit Morbus Hirschsprung sowohl kurz- als auch langfristig eine begleitende, angemessene Nachsorge zur Verfügung steht.

Postoperative Schwierigkeiten können, müssen aber nicht auftreten!

Mögliche Probleme in den Tagen und Wochen nach der OP:

  • Direkt nach der OP können Wundheilungsschwierigkeiten auftreten.
  • In den Wochen nach der OP treten oftmals häufige, flüssige Stühle auf sowie wunde Haut im Analbereich.


Mögliche Probleme langfristig nach der OP:

  • Durchfälle und Wundsein
  • Fortbestehende Verstopfung
  • Stark angespannter Schließmuskel (Sphinkterachalasie)
  • Enge der Narbe (Stenose)
  • Darmentzündung (Enterocolitis)
  • Ernährungs- und Gedeihschwierigkeiten


Die Ursache für ggf. fortbestehende Durchfälle/Verstopfung sollte immer von kinderchirurgischer Seite abgeklärt werden.

Verbesserung ist möglich durch:

  • Medikamente
  • Bowel Management (Darmspülungen/Einläufe um regelmäßige/ausreichende Entleerung des Darms sicherzustellen)
  • Gastroenterologische Betreuung
  • Multidisziplinäre, physiotherapeutische, diätologische und psychologische
    Behandlung von Stuhlentleerungsstörungen


Das sind die Ziele

  • Das Kind kann ausreichend Stuhl absetzen
  • Das Kind erlangt befriedigende Sauberkeit ohne Windeln, auch wenn es vielleicht etwas länger dafür benötigt
  • Gesunde psychosoziale und psychoemotionale Entwicklung des Kindes


Bei Bedarf

Der Besuch von Kindertagesstätte/Kindergarten kann durch eine Integrationshilfe unterstützt werden.

Wichtig!

Probleme sollten immer frühzeitig erkannt und behandelt werden! Deshalb:

  • Eltern sollten geschult sein in der Erkennung einer Darmentzündung (Enterocolitis) und wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen.
  • Strukturierte, regelmäßige Betreuung/Nachsorge in der Kinderchirurgie ist auch dann notwendig, wenn keine der oben genannten postoperativen Schwierigkeiten auftreten.
  • Die Nachsorge erfolgt am besten durch den/die Operateur/in und spezialisierte Pflegekräfte.
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Schuleintritt

Nachsorgetermine können unter Umständen nun in zeitlich größeren Abständen stattfinden.

Hilfreiche Fragen

  • Wie ist die Lebensqualität des Kindes?
  • Kann es ohne größere Beeinträchtigungen an den Aktivitäten Gleichaltriger teilnehmen?
  • Welche Maßnahmen könnten die Stuhlgangs-Situation ggf. noch verbessern?
  • Welche integrativen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es ggf. für den Schulbesuch?


Das sind die Ziele

  • Management/Verbesserung ggf. fortbestehender Hirschsprung-Symptome
  • Teilhabe am Leben und Alltag Gleichaltrige
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Pubertät

Individuell abgestimmte Nachsorgetermine sollten wahrgenommen werden. Der Übergang zur Erwachsenenmedizin ist vorzubereiten (Transition).

Hilfreiche Fragen/Behandlung

  • Wie ist die individuelle Lebensqualität?
  • Wie kann der/die Teenager/in Selbständigkeit und Unabhängigkeit erlangen?
  • Sind sexuelle Funktionen beeinträchtigt?


Bei Bedarf interdisziplinäre therapeutische Unterstützung z.B. durch:

  • Physiotherapie
  • Urologie/Gynäkologie
  • Psychologie


Das sind die Ziele

  • Selbstständigkeit erlangen
  • Verantwortung für den eigenen Körper übernehmen
  • Management von Einschränkungen
  • Selbstbewusstsein
  • Selbstbestimmter Umgang mit der Erkrankung im sozialen Umfeld
  • Sexualität entwickeln, erste Partnerschaften eingehen


Die Rolle der Eltern

Eltern begleiten ihre Jugendlichen in dieser Phase ins Erwachsenenleben – das heißt loslassen und die Teenager eigene Erfahrungen sammeln lassen!

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Erwachsenenalter

Erwachsene Hirschsprung-Betroffene benötigen Ansprechpartner in der Erwachsenenmedizin, die sich mit dem kinderchirurgischen Hintergrund und den damit verbundenen Besonderheiten auskennen.

Häufige Fragen

  • Wie wahrscheinlich ist es, die Fehlbildung bei eigenem Kinderwunsch weiterzuvererben?
  • Ist eine genetische Beratung sinnvoll?
  • Sind Besonderheiten bei Kinderwunsch und
    Schwangerschaft zu erwarten?
  • Wie ist es, mit Morbus Hirschsprung alt zu werden?


Das sind die Ziele

  • Der Patient/die Patientin hat eine zufriedenstellende Lebensqualität
  • Er/Sie verfügt über medizinische Ansprechpersonen und weiß, welche Hilfemöglichkeiten es bei Bedarf gibt

Sie sind nicht alleine!

  • Die Patientenorganisation SoMA Austria fördert den Austausch betroffener Familien und Erwachsener durch Vernetzung, Online-Seminare, regionale und überregionale Treffen.
  • Der Austausch mit anderen Betroffenen kann dazu beitragen, Lösungen für individuelle Probleme zu finden.
  • Egal, ob als Kind, in der Jugendzeit oder im Erwachsenenalter:
    Sich verstanden zu fühlen und zu wissen, man ist nicht allein, tut gut!

Termine

Auf den Tagungen, Treffen und Gesprächsrunden der SoMA Austria erhältst du eine Fülle von hilfreichen Informationen rund um die Themen Morbus Hirschsprung und Anorektale Fehlbildungen.

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Rund um die seltene Fehlbildung „Morbus Hirschsprung“ gibt es noch viele offene Fragen und Forschungsbedarf, zum Beispiel zur Genetik und Entstehung von Morbus Hirschsprung, sowie auch generell zur Darmgesundheit, z.B. zum Mikrobiom des Darms.

Diese Übersicht wurde erstellt in Anlehnung an die „ERNICA Guidelines for the management of rectosigmoid Hirschsprung’s Disease“ aus dem Jahr 2020. Für die vollständigen Leitlinien siehe: https://ojrd.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13023-020-01362-3

Die vorliegenden Inhalte wurden zudem von Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats der SoMA Austria sowie des Interdisziplinären Fachbeirats des Vereins SoMA e.V. Deutschland geprüft.

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