Am 8. März 2025 fand das SoMA Austria Symposium in Wien statt – ein Tag voller wertvoller Impulse für Eltern, Fachkräfte und Betroffene rund um die Themen Anorektale Malformation (ARM) und Morbus Hirschsprung (MH). Drei thematische Schwerpunkte standen im Mittelpunkt:
1. Bowel Management: Gemeinsam kriegen wir das hin!
Der erste Themenblock widmete sich dem Darmmanagement bei ARM und MH – einem zentralen Aspekt für Lebensqualität und Selbstständigkeit.
Kinderchirurgin Dr. Eva Amerstorfer erklärte anschaulich, was Kontinenz bedeutet und warum sie ein wichtiges Entwicklungsziel ist. Gemeinsam mit Kinderchirurg Dr. Alireza Basharkhah zeigte sie auf, worin sich ARM und MH unterscheiden – insbesondere im Hinblick auf Anatomie, Nervenversorgung und die Funktion des Beckenbodens.
Dr. Basharkhah stellte außerdem das Konzept der multimodalen Verhaltenstherapie vor, das Kindern auf mehreren Ebenen hilft, Kontinenz zu erreichen – durch Wissen, Selbstvertrauen und aktives Mitgestalten.
Im Anschluss betonte Kinderchirurgin Dr. Valeria Solari, dass ein erfolgreiches Bowel Management nur interdisziplinär funktionieren kann – im Team von Medizin, Pflege, Physiotherapie, Psychologie, Diätologie und Familie.
Dr. Wilfried Krois lieferte einen praxisnahen Überblick über die „Werkzeugkiste Darmmanagement“: Medikamente, Ernährung, Spülmethoden, Botox oder Nervenstimulation – welche Maßnahmen helfen, hängt vom individuellen Bedarf ab.
Kontinenzberaterin Vanessa Müller und Kinderchirurgin Dr. Johanna Ludwiczek gingen auf Spülmanagement in der Praxis ein: Von der elterlichen Skepsis bis zur täglichen Umsetzung mit Routine, schmerzfreier Anwendung und kindgerechter Kommunikation. Ziel ist es, das Spülen als begleitenden, entwicklungsfördernden Prozess zu verstehen.
2. Spotlight on: Sexualität! Warum sie uns in allen Lebensphasen begleitet
Sexualpädagogin Anna Dillinger widmete sich in ihrem Vortrag dem vielschichtigen Thema Sexualität bei chronischer Erkrankung und Behinderung – mit einem besonderen Fokus auf Menschen mit ARM oder MH.
Sexualität beginnt nicht erst in der Pubertät und endet nicht mit dem Erwachsenenalter. Sie ist erlernt, erlebbar und wandelbar – auch bei körperlichen Einschränkungen. Dillinger sprach über Scham, Autonomie, Körperwahrnehmung und die Bedeutung von Selbstbestimmung.
Wichtige Punkte waren:
- Frühe körperliche Autonomie fördern, z. B. durch selbstständige Pflege
- Offene Sprache in der Familie etablieren
- Berührung neu erleben lernen, besonders nach OPs oder Schmerzen
- Grenzen erkennen und kommunizieren
Mit viel Einfühlungsvermögen zeigte sie Wege auf, wie Eltern und Fachkräfte Kinder und Jugendliche begleiten können – auch in einem Bereich, der oft tabuisiert wird.
3. Drüber reden – aber wie?
Wie spricht man mit Kindern, Jugendlichen und Eltern über Erkrankungen, Therapien oder intime Themen? Diese Frage beleuchteten Psychologin Agnes Panagl und SoMA-Obfrau Mazeena Mohideen im dritten Themenblock.
Anhand von Kommunikationsmodellen wie dem Eisbergmodell und dem Vier-Ohren-Modell erklärten sie, wie Missverständnisse entstehen – und wie man sie vermeiden kann. Zentrale Botschaft: Nicht nur das Was, sondern auch das Wie entscheidet darüber, ob Kommunikation gelingt.
Wichtige Empfehlungen waren:
- Altersgerechte Gespräche führen – je nach kognitivem Entwicklungsstand
- Kinder aktiv einbeziehen und zur Selbstständigkeit ermutigen
- Kommunikation im medizinischen und schulischen Kontext gezielt gestalten
- Eltern dabei unterstützen, ihre Doppelrolle zu meistern: fürsorglich sein und gleichzeitig loslassen
Offene Fragen aus dem Publikum wurden sensibel beantwortet – etwa zur Offenlegung der Diagnose im schulischen Umfeld oder zur Einbindung von Kindern in Entscheidungssituationen.
🏃♀️ Zukunftsausblick: Sportmotorische Studie zu ARM
Zum Abschluss stellte Dr. Simone Oliver Senica eine geplante österreichweite sportmedizinische Studie vor, die gezielt die körperliche Leistungsfähigkeit (v. a. im Becken- und Beinbereich) von Kindern mit ARM untersuchen soll. Ziel ist es, individuelle Therapiepläne zu erstellen und die Teilhabe an Sport und Bewegung zu fördern.
Fazit:
Das SoMA Symposium 2025 zeigte eindrucksvoll: Mit Wissen, Austausch und individueller Begleitung können Kinder mit ARM oder MH ihren Weg zu mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität gehen. Eltern, Fachpersonen und Betroffene profitieren davon, gemeinsam neue Wege zu gehen – offen, empathisch und gut vernetzt.
Das Symposium in Bildern







































